Delbrücker Karnevals-Chor „Kellermeister“ wird 50 Jahre alt
Von Jürgen Spies
DELBRÜCK (WV). „Dat cheit nit chutt…“: Noch ehe die Gesangsgruppe der „Delbrücker Kellermeister“ vor genau 50 Jahren ihren ersten Ton gesungen hatte, stand das Urteil eines platt kuierenden Unmünners offenbar schon fest. Doch der lag falsch.
Heute, ein halbes Jahrhundert später, weiß man: Zu früh gelästert! Es ging nämlich sehr wohl alles gut. Längst sind die Kellermeister eine Art Urgestein im Delbrücker Karneval.
Freude durch Gesang
Jetzt, in der 193. Session des „KV Eintracht von 1832“, feiert die Gesangstruppe ihr 50-jähriges Bestehen. Natürlich hat sich in den vergangenen fünfzig Jahren die Besetzung zwangsläufig verändert. Immer gleich geblieben ist das Ziel, den Menschen im Saal, in den Sitzungen und Veranstaltungen, durch den Gesang Freude zu bereiten.
Das funktioniert auf völlig unkomplizierte Art und Weise. Wenn die Kellermeister loslegen, müssen sie die Jecken nicht erst auffordern, mitzumachen. Dass mitgesungen und mitgeklatscht wird, dass die Halle beim Schunkeln gewissermaßen ins Schwanken gerät, ist bekanntermaßen ein Selbstläufer. Heinz „Henny“ Moor und Josef Zeyen – beide zählen zu den Gründungsmitgliedern – erinnern sich noch gut an die Anfänge. Im Gespräch mit dieser Zeitung plaudern sie aus dem Nähkästchen.
Zufällige Gründung
Dass es überhaupt zur Gründung der Gesangsgruppe kam, war eher Zufall und dem Umstand geschuldet, dass es damals für die anstehenden Sitzungen keine Gesangseinlagen gab. Gründe: Elisabeth „Meise“ Bolte war schwanger, und dem Haus- und Hofkomponisten des KV Eintracht, Heinz Strunz, stand ein Krankenhausaufenthalt bevor. Was tun? Der noch junge Sitzungspräsident Manfred Simon, selbst ein begeisterter Sänger, ein Organisationstalent und ein Macher im besten Sinne, nahm das Heft in die Hand.
„Die Gründungsstunde schlug im November 1974 bei einer Versammlung in Jittenmeiers Kneipe. Unsere Clique – wir waren damals alle zwischen 20 und 25 Jahre alt – saß an einem Tisch, als Manni Simon auf uns zukam und meinte ‚So, Männer. Wir brauchen für 1975 ’ne Gesangsgruppe. Ihr müsst singen. Ihr seid es’“, blickt Henny Moor (74) augenzwinkernd zurück. Und Josef „Jupp“ Zeyen (73) ergänzt: „Unsere Clique bestand damals in erster Linie aus Fußballern, manche machten noch Musik im Spielmannszug. Aber mit Auftritten auf der Bühne hatten wir bis dahin überhaupt nichts zu tun.“
Fußballer singen
Bis zur ersten Sitzung dauerte es nicht mehr lange. Es wurde mehrfach geprobt. Vom ersten Moment an war „Der Bock ist weg“ im Repertoire. Der langjährige Haus- und Hofkomponiste des Karnevalvereins Eintracht, Heinz Strunz, nahm – nachdem er wieder fit war – die Kellermeister unter seine musikalischen Fittiche. „Er hat uns über eine lange Zeit immer mit seiner Quetschkommode bei den Auftritten begleitet, wir haben mit ihm bekannte Lieder einstudiert, gesungen, teilweise umgetextet“, findet Josef Zeyen für den im Jahr 1999 verstorbenen Haus- und Hofkomponisten nur lobende Worte.
Proben im Partykeller
Über viele, viele Jahre hinweg war der Partykeller von Henny Moor der Probenraum der ersten Kellermeister-Generation. Dass daher der Name Kellermeister kommt, ist übrigens falsch, denn: „1975, vor dem ersten Auftritt, stellten wir uns die Frage: Was ziehen wir an? Es sollte auf jeden Fall einfach sein und einheitlich aussehen“, erzählt Josef Zeyen. Wie gut, dass es damals in Delbrück das Geschäft Seifen-Platz gab, denn hier konnte man unter anderem Schürzen kaufen. Also kauften die Sänger dort gleich ein gutes Dutzend Schürzen. Zufällig stand der Schriftzug ‚Kellermeister‘ drauf. Erst von da an hatte die Gruppe ihren Namen weg. Später wurden dann eigene Schürzen mit dem auch heute noch verwendeten Aufdruck ‚Delbrücker Kellermeister‘ angeschafft.
Strunz‘ Heini hat den Delbrücker Jecken manche Evergreens geschenkt, die auch heute noch gern gesungen werden. Die Kellermeister haben in den vergangenen 50 Jahren viel dazu beigetragen, dass dieses schöne Delbrücker Liedgut lebendig bleibt, auch wenn inzwischen manche Lieder im Wandel des Zeitgeistes auf der Strecke geblieben sind.
Liveauftritt in Hitparade
Unvergessen beim Blick zurück auf die Jahre 1975 bis 2005 bleibt den Kellermeistern ihr TV-Liveauftritt 2001 bei der Närrischen Hitparade des WDR, eine damals sehr beliebte und erfolgreiche Sendung mit Gisbert Baltes. „Wir haben bei der Vorrunde in der Stadthalle Beverungen mit dem Lied ‚Ist das nicht wunderbar?‘ den dritten Platz belegt“, berichtet Henny Moor. Nach der Sendung wurde noch im Foyer der Halle weitergefeiert. „Wir haben gesungen, bis wir nicht mehr konnten.“
Generationswechsel
Nach 30 Jahren, 2004/2005, kam es zu einem Generationswechsel. Neue Nachwuchssänger bildeten zunächst „Die jungen Delbrücker Kellermeister“. Sie gehen jetzt auch schon seit 20 Jahren als Delbrücker Kellermeister an den Start und sind bei jedem Auftritt ein Garant für gute Laune. Stellvertretend für die ganze Truppe stellen die Sänger Ralf „Nippel“ Brüggenthies und Raphael Beiwinkel fest, „dass wir froh und dankbar sind, im Johanneshaus am Kirchplatz proben zu dürfen. Hier steht ein Flügel zur Verfügung, die Akustik ist gut dort.“
Profimusiker singt mit
Die musikalische Leitung hatte eine zeitlang Kantor Hans-Peter Retzmann inne. „Da konnten wir natürlich die guten Kontakte, die wir dank Küster und Mitsänger Jochen Maßmann zur Kirchengemeinde haben, nutzen“, so Ralf Brüggenthies. In Person von Profimusiker Sertaç Istihkâmyapan verfügen die Kellermeister aktuell über einen musikalischen Leiter der Extraklasse.
„Wir sind keine perfekten Sänger und wollen das auch gar nicht sein, denn dann wären wir in gewisser Weise nicht mehr wir“, betont Brüggenthies und ergänzt: „Wir halten zusammen, singen einfach gern und wollen Freude bereiten. Singen stärkt die Gemeinschaft und das Wir-Gefühl.“

